Nur eine einzige entartete Plasmazelle genügt zur Entstehung des Multiplen Myeloms. Diese Form von Blutkrebs entsteht – wie andere Krebsarten auch – durch entartete und geschädigte körpereigene Zellen. Pro Jahr erkranken weltweit rund 130.000 Menschen neu am Multiplen Myelom.[1] Die Erkrankung ist schwierig zu diagnostizieren, da die meisten Symptome sehr unspezifisch sind.[2] Dank intensiver Forschung gab es in den letzten Jahren große Fortschritte in der Behandlung dieser seltenen Krebsart.
Unser natürlicher Schutzschild: das Immunsystem
Das Immunsystem ist ein komplexes System, das uns vor Infektionen durch Krankheitserreger oder Schadstoffe schützt. Der Vorgang der Immunabwehr beginnt damit, dass die Eiweiße und Zellen des Immunsystems beispielsweise einen Krankheitserreger erkennen und eine drohende Infektion abwehren oder zumindest eindämmen. Diese sogenannte Immunantwort muss allerdings rechtzeitig beendet werden, denn ansonsten besteht die Möglichkeit, dass versehentlich körpereigene gesunde Zellen angegriffen werden.
Krebs stellt unser Immunsystem vor Herausforderungen: Um die Entstehung von Krebs zu verhindern greift es körpereigene, gealterte und geschädigte Zellen an. Das Immunsystem erkennt die Veränderungen in Tumorzellen und unterscheidet diese von gesunden Zellen. Die meiste Zeit hält unser Körper so potenziell krebserzeugende Zellen in Schach. Manchen Krebszellen gelingt allerdings die Tarnung vor dem Immunsystem – sie machen sich „unsichtbar“ oder schwächen die Immunantwort des Körpers ab.[3] Die Folge: Krebszellen vermehren sich ungehindert weiter.
Entstehung des Multiplen Myeloms
Genau wie andere Krebsarten entsteht auch das Multiple Myelom aus geschädigten bzw. entarteten Zellen des Körpers. Die seltene Krebserkrankung bildet sich im Knochenmark – einem Teil unseres blutbildenden Systems. In Deutschland erkranken jährlich ca. 3.600 Männer und 2.900 Frauen neu daran. Im Durchschnitt sind die Patient*innen bei der Diagnose rund 70 Jahre alt. Durch unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Gewichtsverlust und eine erhöhte Infektanfälligkeit dauert die Diagnose oft mehrere Monate oder erfolgt sogar nur durch Zufall. Die häufigsten Symptome sind „rheumatische“ Beschwerden, Knochenschmerzen und Knochenbrüche.[2] Der Verlauf der Erkrankung ist sehr individuell, ein Rückgang der Krebszellen nach der Therapie kann über Jahre hinweg bestehen, zumeist kommt die Erkrankung jedoch wieder zurück. Daher ist das Therapieziel die Verlängerung von Lebenszeit und bestmögliche Lebensqualität.[4]
Podcast: Multiples zum Myelom mit Leo Rasche
Im wissenschaftlichen Podcast beleuchten Dr. Leo Rasche und seine renommierten Gäste unterschiedliche Facetten des Multiplen Myeloms. Von der Entstehung der ersten Myelomzelle über Hochrisiko-Patient*innen bis hin zur Ursache für häufige Infektionen.
Ursprung des Multiplen Myeloms sind Plasmazellen, eine spezielle Form von weißen Blutkörperchen. Sie werden unter anderem im Knochenmark neben vielen anderen lebenswichtigen Blutzellen hergestellt – das macht das Knochenmark zum wichtigsten blutbildenden Organ des Körpers.[5] Die Plasmazellen des Blutes sind Teil des Immunsystems und für die Bildung von Antikörpern zuständig, die für die Abwehr von Infektionen benötigt werden. Entartet vermehren sich die Plasmazellen allerdings exzessiv und verhindern somit die Neubildung der anderen wichtigen Zellen des Knochenmarks.[2,6] Das führt in einigen Fällen zu Blutarmut und zur Verminderung von Blutplättchen im Blut, was unter anderem ein geschwächtes Immunsystem und Blutungsstörungen sowie vermehrte Infekte, Knochenmarksschädigung, Nierenschäden und Durchblutungsstörungen zur Folge haben kann.[6]

Die Immuntherapie als Behandlungsmöglichkeit beim Multiplen Myelom
Patient*innen in guter körperlicher Verfassung werden klassisch mit einer Chemotherapie und anschließender Blutstammzelltransplantation behandelt. Bei manchen Patient*innen kommt diese Behandlung jedoch nicht in Frage, weil ihr Allgemeinzustand zu schlecht ist. Therapien, die auf das eigene Immunsystem wirken, sind hier eine Alternative – beispielsweise therapeutische Antikörper. Das sind Proteine, die dazu entwickelt wurden, bestimmte Zielstrukturen der Krebszellen zu erkennen und an diese zu binden. Dadurch werden verschiedene Mechanismen ausgelöst, die die Krebszellen abtöten. Ziel ist eine Remission, also der Rückgang der spürbaren Krankheitssymptome für die Patient*innen.

Dem Krebs die Stirn bieten
Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO zählt Krebs derzeit noch zu einer der häufigsten Todesursachen weltweit. Und mit der immer älter werdenden Bevölkerung nimmt leider auch die Zahl der bösartigen Tumorerkrankungen kontinuierlich zu. Dementgegen stehen allerdings die immer bessere Früherkennung sowie viele innovative Therapien, die zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Erkrankung beitragen. So muss die Diagnose Krebs heute nicht zwangsläufig zum Tod führen.
Referenzen
[1] https://mam.myeloma.org/learn-more-about-multiple-myeloma/ (letzter Abruf am 17.09.21)
[2] https://www.oncology-guide.com/erkrankung/multiples-myelom/# (letzter Abruf am 16.09.2021)
[3] https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/grundlagen/immunsystem.php (letzter Abruf am 16.09.21)
[4] https://www.uniklinik-ulm.de/comprehensive-cancer-center-ulm-cccu/fuer-patienten-und-angehoerige/krebserkrankungen/multiples-myelom-plasmozytom.html (letzter Abruf am 27.09.21)
[5] https://www.lifeline.de/medizinwissen/knochen-muskeln/knochenmark-id179154.html (letzter Abruf am 16.09.21)
[6] https://www.esmo.org/content/download/138233/2546609/file/DE-Multiples-Myelom-Patientenleitlinie.pdf (letzter Abruf am 16.09.2021)
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