Gesundheit & Innovation: Biologika – was die modernen Arzneimittel auszeichnet und wo sie angewendet werden

Veröffentlicht am: 22. März 2021
Gesundheit & Innovation: Biologika – was die modernen Arzneimittel auszeichnet und wo sie angewendet werden
Getty Images / NANOCLUSTERING/SCIENCE PHOTO LIBRARY
Biologika spielen in der modernen Medizin eine immer größere Rolle. Bei Sanofi machen sie bereits 60 Prozent der Forschungs-Projekte aus. Eingesetzt werden Biologika beispielsweise in der Krebsbehandlung. Aber wie werden diese neuartigen Arzneimittel erforscht und welche Schritte sind notwendig, bis sie beim Patienten ankommen?

Noch vor wenigen Jahren waren die meisten Medikamente synthetisch hergestellte kleine Moleküle, die sich in Tablettenform verabreichen lassen. Dem gegenüber stehen Biologika wie Antikörper, Proteine oder Enzyme. Sie sind 200 bis 1.000-mal größer als kleine Moleküle und werden nicht chemisch, sondern in biologischen Systemen hergestellt.

Biologika-Herstellung in Bakterien & Zellen

Sanofi forscht an verschiedenen Arten von Biologika. Diese können beispielsweise aus gentechnisch veränderten Escherichia coli-Bakterien produziert werden. Die sind gut erforscht, einfach zu züchten und haben einen Teil ihrer DNA außerhalb der Chromosomen in den sogenannten Plasmiden. Verändern Forscher mithilfe von Enzymen diese Plasmide, wird bei einer Vermehrung der Bakterien auch die neu eingefügte DNA vervielfältigt.

Eine weitere Möglichkeit zur Herstellung von Biologika sind Zellkulturen auf Basis von Säugetierzellen. Sie sind im Vergleich zu Bakterien deutlich empfindlicher und teurer in ihrer Herstellung, weil die gewonnenen Zellkulturen langsamer wachsen und deutlich geringere Mengen ermöglichen, haben aber den Vorteil, dass sie wie humane Zellen spezifische Zuckermoleküle an die Proteine anheften können. Diesen Prozess bezeichnet man als Glykolisierung. Bakterien sind dazu nicht in der Lage.

Krankheitsbekämpfung durch Antikörper und Nanobodies

Antikörper oder Immunglobuline sind Proteine, die der menschliche Körper selbst herstellt. Das Immunsystem bekämpft mit ihnen Krankheitserreger, indem es körperfremde Strukturen als Antigene erkennt und markiert. Andere Bestandteile der Immunabwehr können diese markierten Strukturen dann abbauen. Diese Funktion nutzt auch die Medizin: So können sie zum Beispiel Tumorzellen markieren und für das körpereigene Immunsystem sichtbar machen.

Dieses Ziel kann je nach Krankheitsbild unterschiedlich aussehen. Während es in der Krebstherapie nötig sein kann, das Immunsystem gezielt zu unterstützen, erfordert ein anderes Krankheitsbild womöglich das genaue Gegenteil, also eine Unterdrückung des Immunsystems.

Die neuartigen Nanobodies sind besonders kleine Antikörper, die Forscher im Immunsystem von Dromedaren entdeckt haben. Sie sind leichter, stabiler und weniger komplex als herkömmliche Antikörper und bieten daher großes Potenzial für die Herstellung von Arzneimitteln. Beispielweise zur Bindung an schwer zugängliche Zielmoleküle, wie etwa in der Krebsforschung.

Nanobodies sind also kleiner als die Antikörper, sind aber immer noch weit größer als die kleinen Moleküle. Sie stehen also irgendwo dazwischen. Und diese Verkleinerung der Antikörper bringt natürlich verschiedene Vorteile: Zum einen eine bessere Herstellung. Nanobodies lassen sich mit sogenannten mikrobiellen Expressions-Systemen herstellen, also mit Bakterien und brauchen nicht unbedingt Säugetierzellen. Und sie sind etwas spezifischer.
Prof. Dr. Jochen Maas

Prof. Dr. Jochen Maas

Geschäftsführer Forschung & Entwicklung von Sanofi in Deutschland

Exakte Wirkung durch Biologika möglich

Angewendet werden Biologika aktuell vor allem im Bereich Onkologie, Immunologie und bei den seltenen Erkrankungen. Biologika können sehr passgenau gestaltet werden und dementsprechend auch präziser wirken als Arzneimittel aus chemischen Wirkstoffen.

Mit den kleinen Molekülen gibt es immer eine gewisse Schrot-Situation. Das heißt, sie treffen zwar ihr Ziel, aber gleichzeitig auch noch zwei, drei weitere Ziele. Während Antikörper eine Passgenauigkeit wie mit Pfeil und Bogen haben: Ein Pfeil, der exakt ins Ziel trifft.
Prof. Dr. Jochen Maas

Prof. Dr. Jochen Maas

Geschäftsführer Forschung & Entwicklung von Sanofi in Deutschland

Kein Biologikum ohne das passende Device

Doch selbst die kleineren Nanobodies sind zu groß, um sie als Tablette einnehmen zu könnten. Patienten müssen sie sich mit einem sogenannten Device verabreichen – meistens mit einer Spritze oder einem Autoinjektor. Schon bei der Entwicklung neuer Medikamente müssen die Forscher daher berücksichtigen, wie Patienten diese später injizieren können.

Wenn wir in der Forschung einen Antikörper oder einen Nanobody mit der Konsistenz von Zahnpasta haben, werden die Kollegen aus der Device-Entwicklung die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Das geht nicht. Zahnpasta kann nicht durch eine Kanüle gespritzt werden. Deswegen bringen wir die Kollegen so früh wie möglich zusammen, um die richtige Viskosität, die richtige Konsistenz, die richtige Zell-Linie verfügbar zu haben.
Prof. Dr. Jochen Maas

Prof. Dr. Jochen Maas

Geschäftsführer Forschung & Entwicklung von Sanofi in Deutschland

Bei Sanofi in Frankfurt wird die gesamte Wertschöpfungskette für Biologika abgedeckt: Forschung an neuen Biologika und Devices sowie die Produktion und Fertigung bestehender Medikamente sind an einem Standort vereint.

Podcast „Gesundheit & Innovation“

Sind Sie neugierig geworden? Jochen Maas, Geschäftsführer für den Bereich Forschung und Entwicklung bei Sanofi in Deutschland, gibt im Podcast „Gesundheit & Innovation“ genauere Auskunft über die Eigenschaften und die Erforschung von Biologika. Jetzt reinhören!

Mehr über die für Biologika so wichtigen Devices verraten in der nächsten Folge drei Mitarbeitende aus der Device-Entwicklung von Sanofi. Außerdem erfahren Sie in den nächsten Folgen, wie Biologika genau im Körper wirken und was man bei ihrer Zulassung und Herstellung beachten muss, bis sie schließlich beim Patienten ankommen.

Folge #1: Was sind Biologika und wo werden sie angewendet?

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