Kleine Moleküle bieten neue Therapieansätze
Sanofi entwickelt einen neuartigen Wirkstoff gegen Brustkrebs. Ein kleines Molekül soll die Östrogenrezeptoren der Tumorzellen identifizieren und zerstören.
Nach wie vor ist bei der Brustkrebstherapie einen Bedarf an neuen Wirkstoffen groß, insbesondere, um das Fortschreiten zu einem unheilbaren Krankheitsstadium zu verhindern. Etwa 75 Prozent aller Brustkrebsarten sind „östrogenrezeptor-positiv“ (ER+). In der Onkologie forscht Sanofi an einem Wirkansatz mittels eines selektiven Östrogenrezeptor-Degraders (Selective Estrogen Receptor Degrader, SERD). Das Prinzip: Kleine Moleküle stören die Signalübertragung der Tumorzellen und machen sie auf diese Weise unschädlich. Östrogen ist ein Hormon, das bei gesunden Menschen viele wichtige Funktionen erfüllt. Bei einigen Krebsarten wie Brustkrebs kann es allerdings auch das Wachstum eines Tumors fördern, indem es an Bindungsstellen der Krebszelle, die Hormonrezeptoren, andockt. Ist das der Fall, klassifiziert man den Brustkrebs als ER+. Die Östrogenrezeptoren leiten ein Wachstumssignal ins Innere der Tumorzelle weiter. Diesen Prozess zu unterbinden, ist Ziel des SERD-Ansatzes.
Wirkstoff blockiert Rezeptoren
SERDs gehören zu den sogenannten Protein-Degradern. Dabei handelt es sich um kleine Moleküle, die bestimmte Proteine im Körper abbauen. Konkret greifen sie Proteine an, die an der Entstehung von Krankheiten beteiligt sind, und zerlegen diese in ihre Bestandteile. Sie nutzen dazu einen natürlichen Mechanismus: Der menschliche Körper kann Proteine recyceln, die defekt sind oder ihre Aufgabe erfüllt haben und somit nicht mehr benötigt werden. Auf der Basis dieser Erkenntnisse arbeiten Wissenschaftler*innen von Sanofi an neuen Krebsmedikamenten. Ziel ist es, die Schlüsselproteine zu zerstören, die für das Wachstum von Tumoren verantwortlich sind.
Bei dem Wirkansatz von SERD bei Brustkrebs geht es darum, die Östrogenrezeptoren zu blockieren. Vereinfacht kann man die Rezeptoren bei einem östrogenrezeptor-positiven Brustkrebs mit einer Art Parkplatz vergleichen. Östrogen zirkuliert im Körper wie ein Auto auf Parkplatzsuche. Bietet die Tumorzelle eine passende Parklücke, nutzt das Östrogen diese. SERDs besetzen die vorhandenen freien Parklücken dauerhaft und bauen den Rezeptor letztlich ab. Weil die Krebszelle das Östrogen zum Wachsen braucht, stirbt sie schließlich ab.
Sich der Herausforderung stellen
Wer nach einer Behandlung mit einer bestimmten therapeutischen Aktivität sucht, muss sicherstellen, dass diese eine chemische Struktur hat, die vom Körper leicht verarbeitet werden kann. Andernfalls kann der Wirkstoff sein beabsichtigtes Ziel nicht erreichen. Beim Wirkansatz der SERD-Therapie war zudem die orale Verabreichung eine große Herausforderung. Es galt, ein Molekül zu entwerfen, das, als Tablette eingenommen, lange genug stabil bleibt, um den Tumor zu erreichen und seine Wirkung entfalten zu können. Dazu haben die Forscher*innen zunächst ihren idealen oralen SERD-Kandidaten definiert. Mit Hilfe der Robotik-Technologie wurde dann nach einer Übereinstimmung gesucht, also Hunderttausende von chemischen Verbindungen gescannt. Und letztlich der passende Kandidat gefunden. Die Forschung und Entwicklung sind in vollem Gange. Die klinischen Studien zu SERD laufen.
Kleine Moleküle
Bei einem SERD (Selective Estrogen Receptor Degrader) handelt es sich um ein kleines Molekül. Kleine Moleküle sind chemische Substanzen, die typischerweise als Tablette eingenommen werden. Dank ihrer geringen Größe können sie leichter in Zellen eindringen als zum Beispiel Antikörper. Viele der heute eingesetzten zielgerichteten Krebstherapien sind niedermolekulare Wirkstoffe. Sanofi arbeitet an der nächsten Generation von Krebstherapien. Im Rahmen einer Partnerschaft mit REVOLUTION Medicines entwickeln wir Inhibitoren von Enzymen, die wichtige zelluläre Proteine regulieren. Ziel sind Therapien für schwer zu behandelnde Krebserkrankungen.