Sport bei Krebs: Wie Bewegung helfen kann

Veröffentlicht am: 29. Januar 2024
Sport bei Krebs: Wie Bewegung helfen kann
istockphoto / nimis69
Andreas und Ernst machen es vor: Obwohl beide an der seltenen Blutkrebs-Erkrankung Multiples Myelom erkrankt sind, gehen sie weiter ihren sportlichen Leidenschaften nach. Wie viele andere Krebspatient*innen möchten sie aktiv zum Therapieerfolg beitragen und suchen nach Möglichkeiten, ihren Körper zu unterstützen. Sport ist ein Teil der sogenannten Komplementärmedizin und kann die medizinische Behandlung ergänzen. [1] Anlässlich des Weltkrebstags am 4. Februar, der Vorbeugung, Erforschung und Behandlungsmöglichkeiten von Krebserkrankungen in den Fokus rückt [2], geben wir einen Überblick über die unterschiedlichen komplementären Ansätze.

Die Diagnose Krebs kann das Leben von einem Moment zum anderen auf den Kopf stellen. Bei dem Multiplen Myelom kommt noch erschwerend hinzu, dass die Erkrankung bislang nicht heilbar ist. [3] Das Myelom ist die zweithäufigste Form des Blutkrebses, bei dem sich antikörperbildende Plasmazellen im Knochenmark krankhaft verändern. Durch moderne Behandlungsmöglichkeiten bilden sich zwar die Symptome häufig gut zurück, doch müssen Betroffene nach einer Besserung stets auch mit einer Rückkehr der Erkrankung rechnen, was psychisch besonders belastend sein kann. [3, 4]

Viele Patient*innen empfinden angesichts ihrer Krankheit ein Gefühl der Ohnmacht und suchen nach Möglichkeiten, sich aktiv einbringen zu können. [5] Unter Wissenschaftler*innen und Mediziner*innen besteht mittlerweile Konsens, dass sich regelmäßige körperliche Aktivität positiv auf den Körper auswirken kann – auch bei Krebs. Gerade Ausdauersportarten wie Schwimmen, Joggen oder Wandern können die Prognose verbessern und die Komplikationsraten der Krebstherapie senken. [7, 12] Außerdem kann Sport positive Effekte auf Begleiterscheinungen einer Behandlung wie zum Beispiel Fatigue zeigen. [7]

Key Facts zu Multiplem Myelom [3, 4]

Definition

  • Das Multiple Myelom ist eine seltene Erkrankung, aber die zweithäufigste Form von Blutkrebs.
  • Es handelt sich um eine bösartige Erkrankung der antikörper-produzierenden Plasmazellen (weiße Blutkörperchen) im Knochenmark.
  • Myelomzellen vermehren sich unkontrolliert, verdrängen gesunde blutbildende und antikörperbildende Zellen und zerstören die Knochenstruktur.
  • Die Plasmazellen erfüllen nicht mehr ihre Aufgabe, funktionsfähige Antikörper zu produzieren: das Immunsystem wird geschwächt.

Symptome

  • Knochenschmerzen v.a. im Rücken
  • Blutarmut mit Anzeichen wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Luftnot
  • Infektionsanfälligkeit
  • Nierenfunktionsstörungen

Gut für Körper und Seele: Sport und Bewegung

Welchen positiven Einfluss sportliche Aktivität haben kann, zeigen die Beispiele von Andreas und Ernst, die beide am Multiplen Myelom erkrankt sind. Für sie ist es wichtig, sich nicht unterkriegen lassen und eine positive Lebenseinstellung zu bewahren.

Bei Andreas führte ein Zufallsfund bei einer Blutuntersuchung zur Diagnose. Er muss nun damit leben, an Krebs erkrankt zu sein und wahrscheinlich nicht geheilt werden zu können – eine enorme psychische Belastung. Allerdings hält eine Therapie seinen Krebs in Schach.

Andreas ist passionierter Segler. Früher war er stets mit dem Katamaran unterwegs, doch jetzt ist er auf ein weniger kräftezehrendes Boot umgestiegen – aber er segelt nach wie vor mit Leidenschaft. Sport und Bewegung in der Natur sind ihm wichtig. Er ist Mitglied der Leichtathletik-Abteilung des Sportvereins Hannover 96 und bezeichnet sich als „Wohlfühlläufer“. „Ich laufe einmal pro Woche im Stadtwald von Hannover. Das Laufen in der abwechslungsreichen Natur macht den Kopf frei“, erklärt Andreas.

Schon in der zweiten Woche nach der Stammzelltransplantation hat er die Ärzte gefragt, ob er raus zum Spazierengehen darf. „Egal wie eingeschränkt man ist, man muss etwas für seinen Körper tun“, sagt Andreas. „Wenn man Sport treibt und fit ist, kommt man besser durch die schlechteren Krankheitsphasen und man kann die Krankheit besser verarbeiten“, findet Andreas. Zu Andreas kompletter Geschichte geht es hier.

Andreas
Andreas

Auch Weltenbummler Ernst hat seine Lust am Wandern und Reisen trotz zum Teil kräftezehrender Behandlung nicht eingebüßt. Nach ersten Therapieerfolgen ist seine Krankheit nun schon zweimal zurückgekehrt. Doch er gibt nicht auf und motiviert sich mit einem gemeinsamen Ziel mit seiner Frau: den Jakobsweg in kleinen Teilstücken von München bis nach Lindau am Bodensee zu wandern. Zusammen laufen sie nun zweimal in der Woche rund zwölf Kilometer. Hier erzählt Ernst seine Geschichte.

Ernst

Ernst

Andreas und Ernst sind nur zwei Beispiele für an Multiplen Myelom erkrankte Menschen, denen Sport Kraft und Inspiration für den nicht immer einfachen Alltag gibt.

Komplementärmedizin: Eine Ergänzung zur evidenzbasierten Medizin – kein Ersatz

Komplementärmedizin ist eine Ergänzung zur wissenschaftlichen, evidenzbasierten Behandlung – aber niemals ein Ersatz dafür. [6,7] Ziel komplementärer Therapien ist, die Nebenwirkungen der Krebstherapie zu lindern, den Organismus zu stützen und zu stärken und zu einem besseren Befinden der Patient*innen beizutragen [8]. Speziell für die Behandlung onkologischer Patient*innen hat eines der höchsten medizinischen Gremien in Deutschland, die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), eine eigene Leitlinie für Komplementärmedizin erarbeitet, obwohl nur zu wenigen Methoden „harte“ Studiendaten vorliegen (S3-Leitlinie Komplementärmedizin (awmf.org). [7]

Die Komplementärmedizin ist nicht zu verwechseln mit der Supportivmedizin, die in der Regel gut durch Studien belegt ist. [8] Zur Supportivmedizin gehören etablierte Maßnahmen, die sich nicht primär gegen den Krebs richten, sondern therapiebedingte Nebenwirkungen oder Krankheitssymptome lindern können. [9] Eine besonders bedeutsame Supportivtherapie ist die Psychoonkologie, die durch eine psychologische Betreuung den Umgang mit der Erkrankung erleichtern und zur seelischen Entlastung beitragen kann [10].

Prof. Dr. med. Imad Maatouk, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Uniklinik in Würzburg, erklärt im Interview, welche Folgen eine MM-Diagnose für die Psyche haben und welche Hilfe die Psychoonkologie bieten kann.

Wie kann Komplementärmedizin unterstützen?

Die Komplementärmedizin ist ein weites Feld unterschiedlicher Verfahren, Anwendungen und Konzepte, die sich auch überschneiden können [8]. Es werden hauptsächlich vier Kategorien definiert: [11]

  • Medizinische Systeme (z.B. Akupunktur, traditionelle chinesische Medizin),
  • Mind-Body-Verfahren (z.B. Meditation, Tai Chi/Qigong, Yoga)
  • Manipulative Körpertherapien (z.B. Osteopathie, Massagen)
  • Biologische Therapien (z.B. Einsatz von Vitaminen, Spurenelementen, sekundäre Pflanzenstoffe)

Wir Menschen sind alle unterschiedlich – darum ist es wichtig, im Gespräch mit den behandelnden Ärzt*innen herauszufinden, welche der komplementären Konzepte infrage kommen. Auch, um zum Beispiel unerwünschte Wechselwirkungen mit wichtigen Medikamenten zu vermeiden, ist eine Absprache mit den behandelnden Ärzt*innen unerlässlich. [8] Sport gilt als besonders gute therapieunterstützende Maßnahme, die einen positiven Effekt auf den Organismus hat und deren Wirksamkeit auch in klinischen Studien belegt wird. [13]

Die Chancen und Grenzen der Komplementärmedizin [7, 8, 11]

Was Komplementärmedizin kann

  • Körper und Geist stärken, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen
  • Potenzielle Nebenwirkungen der eigentlichen Krebstherapie lindern
  • Die Patient*innen motivieren, selbst zu einem besseren Befinden beizutragen
  • Die psychische Stabilität fördern

Was Komplementärmedizin nicht kann

  • Eine Kontrolle bzw. Heilung der Krebserkrankung bewirken
  • Ein Ersatz der evidenzbasierten medizinischen Krebsbehandlung sein
  • Eine Behandlung darstellen, die stets frei von Nebenwirkungen oder Arzneimittelwechselwirkungen ist
Für die S3-Leitlinie Komplementärmedizin wurde ein Fragebogen erstellt, der Krebs-Patient*innen bei der individuellen Entscheidung zur Komplementärmedizin unterstützen soll.
Sie suchen mehr Informationen zur Komplementärmedizin? Eine gute erste Anlaufstelle ist der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums.
Der Krebsinformationsdienst bietet auch persönliche Beratung: Montag bis Freitag von 8.00 bis 20.00 Uhr unter 0800 - 430 40 50 oder per Mail an kid.med@dkfz.de.

Dem Krebs die Stirn bieten

Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO zählt Krebs derzeit noch zu einer der häufigsten Todesursachen weltweit. Und mit der immer älter werdenden Bevölkerung nimmt leider auch die Zahl der bösartigen Tumorerkrankungen kontinuierlich zu. Dementgegen stehen allerdings die immer bessere Früherkennung sowie viele innovative Therapien, die zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Erkrankung beitragen. So muss die Diagnose Krebs heute nicht zwangsläufig zum Tod führen.

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Referenzen

[1] Hübner J, Beckmann M, Follmann M, Nothacker M, Prott FJ, Wörmann B: Clinical practice guideline: Complementary medicine in the treatment of cancer patients. Dtsch Arztebl Int. 2021; 118: 654–9.
[2] Union for International Cancer Control. https://www.uicc.org/ ; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[3] Onkopedia: https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/multiples-myelom/@@guideline/html/index.html; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[4] Klinikum Ulm: https://www.uniklinik-ulm.de/comprehensive-cancer-center-ulm-cccu/fuer-patienten-und-angehoerige/krebserkrankungen/multiples-myelom-plasmozytom.html; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[5] Deutsches Krebsforschungszentrum. Krebsinformationsdienst: https://www.krebsinformationsdienst.de/behandlung/unkonv-methoden/index.php; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[6] Hübner J, Beckmann M, Follmann M, Nothacker M, Prott FJ, Wörmann B: Clinical practice guideline: Complementary medicine in the treatment of cancer patients. Dtsch Arztebl Int. 2021; 118: 654–9.
[7] S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen, Langversion 1.1 – September 2021, AWMF-Registernummer: 032/055OL,  https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Leitlinien/Komplement%C3%A4r/Version_1/LL_Komplement%C3%A4r_Langversion_1.1.pdf; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[8] Broschüre Komplementärmedizin der Bayerische Krebsgesellschaft e.V. https://www.bayerische-krebsgesellschaft.de/fileadmin/user_upload/BKG_KOMPLEMENTAER_05-2015_web.pdf; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[9] Jahn F, Wörmann B, Brandt J, Freidank A, Feyer P, Jordan K: The prevention and treatment of nausea and vomiting during tumor therapy. Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 382–92.
[10] Interdisziplinäres Onkologisches Zentrum München:  https://ioz-muenchen.de/haematologie/supportive-therapie.html; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[11] Patientenleitlinie Multiples Myelom: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Patientenleitlinien/Patientenleitlinie_Multiples_Myelom_169v100.pdf; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[12] Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen: https://www.krebsgesellschaftnrw.de/komplementarmethoden/bewegung-und-sport/; (Letzter Zugriff Dezember 2023)
[13] Patel AV, et al.: American College of Sports Medicine Roundtable Report on Physical Activity, Sedentary Behavior, and Cancer Prevention and Control. Med Sci Sports Exerc. 2019 Nov;51(11):2391-2402.

MAT-DE-2400137-1.0-01/2024